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Reiter-Ilg-Haffner Trio

Presse


Harte Rhythmen, jazzige Sounds und sanfte Balladen
"Experiment" gelungen: Triokonzert mit J. Reiter, D. Ilg und W. Haffner im Bürgerzentrum
,,Experiment" nannte Joerg Reiter das Triokonzert mit Dieter Ilg und Wolfgang Haffner im Bürgerzentrum. Ein sehr gelungenes Experiment, wenn schon. Experiment, weil Joerg Reiter diese Formation eigens für Waiblingen zusammengestellt hat. Dabei war es bei weitem keine Jam Session - die drei Jazzer spielten Stücke von der CD, die Joerg Reiter mit Ack van Rooyen eingespielt hat. Umarrangiert für Triobesetzung ergaben diese Kompositionen eine völlig neue Musik: dynamischer in erster Linie, doch das liegt schon in der Besetzung und am rhythmuswilligen Schlagzeuger. Eingängige Melodien folgten auf freie Improvisationen, harte, akzentuierte Rhythmen mündeten über jazzige Sounds in sanfte Balladen. Latin-orientierte Kompositionen standen neben modernen swingenden Jazzthemen. Joerg Reiter (Klavier), Dieter Ilg (Baß) und Wolfgang Haffner (Schlagzeug) malten ein vielfältiges, bunt schillerndes Klangpuzzle, das von wechselnder Rhythmik und von ungewohnten Klangkonstruktionen lebte - dessen Gebot aber Harmonie hieß.
Die drei Musiker boten ein kammermusikalisches Jazztrio-Erlebnis in Waiblingen, dem ein sehr gespanntes und konzentriertes Publikum im Welfensaal applaudierte. Klavier, Kontrabaß und Schlagzeug sind eine ideale Jazzbesetzung. Natürliche Instrumente mit einer breiten Ausdruckspalette, die, nuanciert gespielt, ein nahezu unbeschränktes Klangrepertoire haben. Alle drei Meister ihres Faches beherrschten die musikalischen Gestaltungsmittel bestens und reizten alle Möglichkeiten aus.

Joerg Reiter ist ein Könner auf den Tasten, ein Pianist mit unfehlbarem Gespür für Melodien und musikalische Zusammenhänge. Ihm schlägt in Waiblingen ein besonderes Interesse entgegen, hat er doch seine Schulzeit in der Stadt verbracht und bei der Waiblinger Pianistin Elfy Ehrhardt klassischen Klavierunterricht bekommen. Joerg Reiter ist heute ein international bedeutender Pianist, bekannt als Solist, als Mitglied der ,,Erwin-Lehn-Bigband", als Pianist bei Peter Herbolzheimer ,,Rhythm Combination and Brass" sowie von verschiedensten Produktionen.

Er verstand es, musikalische Zeichen zu setzen, faszinierte mit ausgewogenen Improvisationen, mit fließenden Scalen und feuriger Spielkraft. Seine enorme Virtuosität, die ausgereifte Interpretationsgabe und seine unerschöpflich scheinenden musikalischen Ideen sind sein Kapital. Fließende Melodien von großer, singender Sanftheit entwickeln sich unter Reiters ungebändigter Improvisierlust zu ausgereiften Jazzsoli und komplexen Klangvariationen. Seine solistischen Einfälle fordern fast schon arti-stische Spieltechniken: Kein Problem für Joerg Reiter, der auch im Zusammenspiel mit Dieter Ilg und Wolfgang Haffner gefiel. War es doch ein gleichberechtigtes Jazzen dreier Könner, bei dem sich keiner in den Vordergrund spielte.
Mit Dieter Ilg war ein Kontrabassist in Waiblingen, der eindeutig zur Spitze gehört: selten gelingt es einem Bassisten, drei Aufgaben so schlüssig zu vereinen wie Ilg, der soundprägender Solist, basisschaffender Arrangeur und dynamischer Rhythmiker in einem war.

Der vielfache Preisträger und international renommierte Jazzer gestaltete stark thematisch orientierte und sehr ausgewogene Baßparts auf seinem klangvollen Kontrabaß. Er setzte treffsicher seine klaren Töne, zog weiche Linien dazwischen und akzentuierte rhythmisch markant. Dieter Ilg's Spiel zeugte von großem Harmonieverständnis, seine atemberaubende Läufe von Aberwitz.
Und weil aller guter Dinge drei sind, war auch Wolfgang Haffner am Schlagzeug eine Ausnahme: Der junge Schlagzeuger, dessen Vita sich wie eine neuere Jazzgeschichte liest, erwies sich als höchst kreativer, stillegender und vielseitiger Schlagzeuger, der die ganze Klangbandbreite eines Schlagwerkes beherrscht. Haffner spielte von ganz zarten Sounds mit dem Besen hin zu vollen, treibenden Rhythmen sehr ausdrucksakzentuiert, von funky bis swingend sehr variabel im Stil. Haffner deutet nur an, spielte seine Soli nie ganz aus. Dadurch gewährt er rhythmischen Freiraum und läßt Spannung entstehen. Er beherrscht sein Schlagzeug mit technischer Brillanz, die jede gestalterische Freiheit erlaubt. Das ,,Experiment", soll seine Fortsetzung finden.
JULIANE SONNTAG
(Waiblinger Stadtnachrichten - 23.1.93)

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